Ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Kassel verhandelte mit einem russischen Unternehmen mit Sitz in Moskau eine Warenlieferung im Wert von 100.000 Euro.

Es gelang dem deutschen Unternehmen seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zugrunde zu legen. Diese sind zweisprachig, sowohl in der deutschen als auch in der russischen Sprache und beinhalten eine Klausel hinsichtlich des Vorrangs der deutschen Fassung.
Das russische Unternehmen akzeptierte die AGB und bestätigte dies schriftlich. Derart, aus Sicht des Exporteurs gut gerüstet und rechtlich abgesichert , wurde die Ware nach 30% Vorkasse produziert und ordnungsgemäß nach Moskau geliefert. Was nicht kam war der der Geldeingang über die verbleibenden 70%. Auch auf mehrere Mahnungen reagierte der russische Kunde nicht, verstand mit einem Mal kein Englisch mehr und die vorher gute Kommunikation per Telefon und EMail zeigte sich mit einem Mal gestört.
Was tun?

Natürlich ließ der Exporteur sich dies nicht gefallen und reichte Klage ein – basierend auf seinen vereinbarten AGB mit dem Passus: "Gerichtsstand ist Kassel. Es gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.04.1980 wird ausgeschlossen."
Froh darüber, dass er bei seinem heimatlichen Gericht Klage einreichen konnte, ließ er ordnungsgemäß zudem die Klageschrift in die russische Sprache übersetzen, da er wusste:
der Beklagte muss die Klage in einer Sprache erhalten, die er versteht. Das Verfahren in Kassel begann, die Klage wurde dem Beklagten zugestellt, dieser erschien nicht zum Verfahren und der klagende Exporteur freute sich, recht schnell und kostengünstig sein Versäumnisurteil in den Händen zu halten.
Dies wollte er nun auch vollstrecken - und musste schnell feststellen, dass er ein Problem hat. Das deutsche Urteil konnte in Russland nicht vollstreckt werden. Er hatte keine Chance, damit nun endlich an sein Geld zu kommen. Er verstand die Welt nicht mehr. Was hatte er denn falsch gemacht?

Lösung:

Grundsätzlich hatte der Exporteur an vieles gedacht und vieles richtig gemacht. Die AGB waren vom Vertragspartner nachweislich akzeptiert worden, die Lieferdokumente waren ausreichend. Und auch der heimatliche Gerichtsstand war grundsätzlich richtig vereinbart. Allein, er hatte nicht bedacht, dass ein deutsches Urteil in Russland nicht vollstreckbar ist. Damit war die alleinige Festlegung auf den heimatlichen Gerichtstandes Kassel nun für ihn ein Verfahrenshindernis ist. Denn mit der Formulierung "Gerichtsstand ist Kassel" war er auf ein Einreichen der Klage in Kassel festgelegt. Er hatte nicht die Möglichkeit, alternativ eine Klage in Russland zu erheben. Mit einer Klage in Russland und einem dortigen Urteil hätte er die Vollstreckung betreiben können. Dafür wäre eine kleine Änderung in den AGB ausreichend gewesen. Mit der Klausel: "Gerichtsstand ist nach Wahl des Verkäufers Kassel oder der Sitz des Käufers" hätte man die Möglichkeit offen gelassen, gegebenenfalls auch in Russland Klage erheben zu können.

Tipp: Immer beachten in welchem Land der Vertragspartner und mögliche Schuldner sitzt. Die Frage der Vollstreckung muss bei Einreichung der Klage beachtet werden. Wir empfehlen vorab juristischen Rat einzuholen. Denn: Bedenken Sie dass Sie vor Ort in Russland einen kompetenten juristischen Partner benötigen.
Ebenfalls sichernde Zahlungsbedingungen wie Akkreditiv oder Hermesdeckung prüfen.

Quelle: Marc-André Delp, M.L.E. , Rechtsanwalt bei Herfurth und Partner, Hannover

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