(Stand 8'2020) Wir sind ein Unternehmen welches medizinischen Bedarf in größerem Umfang aus China importiert. Um einen gut kalkulierbaren Preis zu erhalten schließen wir üblicherweise unsere Verträge mit dem chinesischen Lieferanten auf Basis CIF Hamburg. Dort holen wir die Ware auf eigene Kosten ab.
Nun hat mir ein Geschäftspartner, der dies selbst so praktiziert hatte, mitgeteilt, er sei auf CFR umgestiegen, da vor dem Hintergrund einer möglichen Havarie Grosse bei CIF größte Gefahren für den Käufer/Importeur lauern können bis hin zur Inanspruchnahme des Unternehmensvermögens. Das verstehe ich nicht, da doch der Transport durch den Verkäufer versichert wird. Können Sie uns dazu weiterhelfen?
Unser Experte antwortet wie folgt:
In der Tat ist es so, dass bei einer Havarie Grosse eigene Gesetze herrschen. Die bislang letzte große Havarie Grosse ereignete sich im März 2018. Hier geriet das mit über 15.000 Containern beladenen Containerschiff Maerks Honan auf der Fahrt von China nach Deutschland in Brand. Bei solchen Fällen werden Container vernichtet/beschädigt, weitere müssen häufig zur Rettung des Schiffs über Bord geworfen werden um das Schiff insgesamt zu retten - also die klassische Havarie Grosse. In obigem Fall wurde letztlich das Schiff dann in den Hafen von xxx geschleppt, dort entladen und später die verbleibenden Container mittels anderer Schiffe an die jeweiligen Destinationen weiter befördert.
Für die beschädigten und in Verlust geratenen Container ersetzten die - soweit vorhanden - entsprechenden Transportversicherungen den entstandenen Schaden.
Dann aber geht es bei einer Havarie Grosse erst richtig los.
Wenn die Reederei des Schiffes den Umstand der Havarie Grosse geltend macht, werden sämtliche Kosten am Schiff, seiner Ladung und zur Bergung des Schiffes ermittelt. Diese Kosten entstehen entweder durch direkte Aufwendungen (wie zum Beispiel Schlepplohn) oder Schäden am Schiff oder auch anlässlich bewusst mit Rettungsmaßnahmen durch die Schiffsführung herbeigeführter bzw. geduldeter Schäden am Schiff und/oder seiner Ladung (zum Beispiel Überbordwerfen von einem Teil der Ladung). In obigem Fall betrug der so ermittelte Gesamtschaden mehrere hundert Millionen USD. Dieser Gesamtschaden wird dann zwischen allen Beteiligten der Gefahr nach Seerecht geteilt und den jeweiligen Besitzern/Gefahrträgern der Ware in Rechnung gestellt. Solch ein Schaden kann schnell den eigentlichen Warenwert bei Weitem überschreiten.
Die durch die Incoterms vorgegebenen Versicherungsvorschriften bezüglich der durch den Verkäufer zugunsten des Käufers bei Verwendung der Klausel CIF abzuschließenden Versicherung sieht diesen Fall nicht vor, sondern beschränkt sich auf eine maximale Versicherungssumme von 110 Prozent des Warenwertes.
Da bei der Klausel CIF bereits der Gefahrübergang mit Verladung an Bord des Schiffes auf den Käufer erfolgt, wird dieser zum Ansprechpartner bezüglich der Kosten durch die Reederei. Häufig existiert auch keine, bei CIF und CIP dringend empfohlene, Zusatzdeckung durch den Käufer vor. Dann muss dieser tatsächlich gegebenenfalls diese Kosten tragen.
Empfehlenswert ist es aus diesem Grund eine ergänzende Transportversicherung abzuschließen die die Differenz im schlimmsten Fall deckt oder aber durch Verwendung der Klausel CFR die Versicherung von vorneherein selbst zu verantworten. (Bitte prüfen Sie, dass ihre Transportversicherung auch durch eine mögliche Havarie Grosse entstehende Kosten mit deckt).
Wichtiger Hinweis! Die hier übermittelten Informationen wurden gründlich recherchiert und nach bestem Wissen erstellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Derartige Fragestellungen sind immer im direkten Kontext des Gesamtgeschäftes zu betrachten. Unsere Informationen können somit nur eine allgemeine Einschätzung darstellen. Gerne erstellen wir, soweit dies gewünscht ist, eine verbindliche legal opinion. Im konkreten Einzelfall bitten wir, uns über das Außenwirtschaftsforum direkt anzusprechen. Wir stellen dann gerne den Kontakt zu den jeweiligen Experten/Informationsquellen her. Rechtsgültig und rechtsverbindlich sind ausschließlich amtlich herausgegebene Texte und Vorschriften. Sämtliche Rechtsfragen und Formulierungen müssen im Einzelfall erörtert werden.